Heute in der Rheinpfalz: ein toller Artikel über unser Maskenprojekt in der „Kantine 16“:
Zeitreise in die 70er
Die Maskenperformance „Die Geister der Kantine“ feiert in der alten Neustadter Bahnhofskantine Premiere
Von Angelika Wilde-Kaufhold
NEUSTADT. In die alte Bahnkantine am Neustadter Hauptbahnhof, einst Futtertempel für die Eisenbahner, ist neues Leben eingekehrt: Mit einer Maskenperformance mit dem Titel „Die Geister der Kantine“ erinnern die Theaterpädagogin und Maskenkünstlerin Judith Becker und ihr Team auf äußerst bunte Weise an die Vergangenheit der Location. Premiere ist am Samstag. Die RHEINPFALZ durfte bei der Generalprobe zuschauen.
Es ist Samstagnachmittag. Die zur Generalprobe eingeladenen „VIPs“ sitzen vor dem auch äußerlich in die Jahre gekommen Flachbau, den der Kulturverein „Projekt 51“ aus Lachen-Speyerdorf im Frühjahr von der städtische Wohnungsbaugesellschaft angemietet hat, um hier einen neuen „Raum für Kunst“ zu schaffen, auf roten Plastikstühlen mit Anklebeffekt. Der Künstler Olaf E. Bergmann, der Kopf des „Projekts 51“, verteilt abgeschabte Berechtigungsausweiskärtchen zur „Nutzung der DB-Mitarbeiterkantine“. Dann öffnet sich die etwas sperrige Tür und ein „Türsteher“ (Jeanette Arnold) mit Maske winkt die Besucher herein und leitet sie zu einem gleichfalls maskierten Kontrolleur, der die Tickets abstempelt. Alles muss seine Ordnung haben. Hinter der Maske des Schaffners verbirgt sich Judith Becker, auf die die Idee zu der Maskenperformance zurückgeht. Wie schon bei einem ihrer letzten großen Projekte, den „Geschichten unterm Mammutbaum“ im ehemaligen Weingut Mattern auf der Haardt, hat sie auch diesmal wieder mit einer kleinen Gruppe von interessierten Laien eine Performance speziell für einen bestimmten Ort entwickelt – diesmal eben die seit Jahren in Dornröschenschlaf gefallene, im Grunde aber noch recht gut erhaltene ehemalige Bahnkantine, deren vergessene „Geister“ in der Performance wieder zum Leben erweckt werden. Die entsprechenden Masken und Kostüme wurden alle selbst angefertigt. In der Performance führen die beteiligten Schauspielerinnen die Besucher in einer Art stummem Stationentheater durch die Räume, die aussehen, als hätten die Bahnler sie eben erst verlassen. Zwar ist der Schaukasten, der einst für Mitteilungen genutzt wurde, ramponiert, und von den Wänden bröckelt der Putz, aber eine Fliegenklatsche auf der Theke, ein Päckchen mit Salzstangen, ein Schweinderl für Spenden ans Sozialwerk Bahn und ein vorsintflutliches Nordmende-Radio, aus dem tatsächlich Musik dudelt, vermitteln den Eindruck, als sei man plötzlich mitten in die 70er Jahre versetzt worden. Africola und Bier stehen im Kühlschrank und werden vom Fräulein an der Theke (Ulrike Späth) im frisch gestärkten Servierschürzel herausgegeben. Die Gäste sind also erst einmal versorgt und folgen den Geistern willig weiter durchs Haus. Nächste Station ist die ehemalige Küche, in der das Küchenmädchen (Karin Speidel) Gemüse schnippelt und zum Probieren anbietet. Fast stolpert die Gruppe danach über eine Leiter, auf der der gute Geist des Hauses (Dominique Conte) zum Glühbirnenaustausch balanciert. Auch ins Souterrain und in die Toilette wird man geführt, bevor es zurück in den Gastraum geht, wo sich die Geister inzwischen bei Bier und Kaffee am Stammtisch niedergelassen haben und in ein pantomimisches Gespräch verfallen sind. Doch nur das Ächzen der Klapptische und das Quietschen der Holzsitze ist zu hören. Dann legen die Schauspielerinnen ihre ausdruckstarken Gesichtsmasken ab. Nach rund 60 Minuten Alltag von Vorgestern hat die Gegenwart die Besucher wieder, doch als Fazit der „Geisterstunde“ bleibt: sehenswert!
Termine
Die Performance „Die Geister der Kantine“ ist am Wochenende insgesamt dreimal in der alten Neustadter Bahnkantine zu sehen: am Samstag, 19. August, um 18 Uhr und um 20 Uhr und am Sonntag, 20. August, um 18 Uhr. Die Kantine befindet sich am Parkplatz links vom Bahnhof. Da aus Platzgründen jeweils nur etwa 20 Personen an dem Rundgang teilnehmen können, wird Kartenvorverkauf empfohlen. Tickets (13/10 Euro) gibt es in der Buchhandlung Quodlibet in der Kellereistraße.
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